Wie man mit Anstand 50 wird

Die Zeit bringt eine unterhaltsame Literaturkritik zu einem Buch des Feuilleton-Chefs der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: Schöne junge Welt. Das gehört glaube ich auch auf meinen Nachttisch, ich bin ja nun auch schon seit einigen Jahren 25, und leider zeigen sich unübersehbar einige graue Haare auf meinem Kopf – die grauen sind ja gemeinerweise immer etwas borstiger als die anderen.

Das Thema, mit dem Claudius Seidl sich befasst, liegt momentan nicht nur in der Luft. Es hängt dort wie eine Tschernobyl-Wolke. Es geht darum, dass wir alterslos werden, dass sich unsere biografische Landschaft immer weiter einebnet, bis sie am Ende nichts anderes ist als eine einzige monotone, statische Fläche gefühlter Jugendlichkeit. Ohne Ansteigen zum Gipfel des Erwachsenwerdens, ohne mähliches Absteigen zur Rente hin. Wir bleiben alle irgendwie immer 35. Auf der Straße laufen 47-jährige leitende Angestellte herum, die Baseballmützen auf dem Kopf, selbst im Winter Sonnenbrillen tragen und sich auch so benehmen. Frauen, die seit fünfzehn Jahren nicht mehr als jung zu bezeichnen sind, finden diese Tatsache in ihrem Lebens- und erst recht in ihrem Körpergefühl nicht wieder.